Geschichte der VG
Das Gebiet der Verbandsgemeinde hat eine lange Siedlungstradition. Schon vor über 2000 Jahren siedelten Menschen in unserer Gegend. In zwölf unserer dreizehn Gemeinden fanden Archäologen römische Brand- und Körpergräber.
Fast in jeder Gemarkung wurden Bodenfunde gemacht: von keramischen Scherben über Mahlsteine bis hin zu Schmuckgegenständen und figürlichen Darstellungen.
Begleiten Sie uns auf eine Reise durch die Zeit...
Ein Glashündchen, ein Trinkhorn und Gläser: 2. Jh. v. Chr. - 4. Jh. n. Chr.
Über 2000 Jahre alt ist zum Beispiel „Kelti“, eine 2,1 cm kleine Hundefigur aus Glas, die als einzigartige Beigabe im Grab eines hochstehenden keltischen Kriegers bei Wallertheim gefunden wurde. Dieses Glashündchen ist nun im Landesmuseum Mainz zu bewundern.
Wertvolle Funde aus fränkischer Zeit wurden in Rommersheim gemacht: Ein Trinkhorn aus dunkelgrünem Glas mit einem angeschliffenen Rand und drei Reihen plastisch aufliegender Fäden in Netzform. Es ist jetzt das kostbarste fränkische Glas im Fundus des Landesmuseums Mainz. Schöne spätantike Gläser aus dem 4. Jahrhundert wurden in Gräbern bei Udenheim gefunden.
Das Volk, das nach den Römern unsere Region am nachhaltigsten prägte, waren die Franken. Dieser Stamm der „Freien“ - wie sie sich nannten - gehörte zu der großen Völkerfamilie der Germanen und siedelte ursprünglich nordöstlich des Rheins. Schon Mitte des 3. Jahrhunderts durchbrachen sie des öfteren den niederrheinischen Festungsgürtel der Römer und drangen teilweise bis tief nach Gallien ein.
Eigentliches Ziel dieser Kriegszüge waren die reichen römischen Siedlungen, die deshalb bald befestigt und mit Mauern umgeben wurden. Nach erfolgreicher Plünderung zogen sich die fränkischen Krieger anfangs jedoch immer wieder auf ihr rechtsrheinisches Stammgebiet zurück, bis sie Mitte des 4. Jahrhunderts schließlich damit begannen, sich zwischen Rhein, Maas und Mosel endgültig festzusetzen.
Aus »villae rusticae« werden fränkische Höfe: 5. Jh. n. Chr.
Von hier aus besetzten die Franken im 5. Jahrhundert auch unser Gebiet. Mit Ausnahme von Wörrstadt tragen alle unsere Ortsgemeinden, wie ca. 140 andere rheinhessische Orte auch, in ihrem Ortsnamen die Endung „heim“. Dies ist ein Zeichen dafür, dass sie ursprünglich fränkische Fron- oder Herrenhöfe waren. Vielfach gehen sie auf römische „villae rusticae“ zurück, die nach dem Ahnherrn der Sippe benannt waren und später an geistliche Würdenträger oder verdiente Staatsbeamte verliehen wurden. Aus römischem Staatseigentum wurde so fränkisches Fiskalgut.
In Schenkungsurkunden jener Zeit - zumeist an die berühmten Klöster Lorsch, Fulda und Trier - sind unsere Orte erstmals geschichtlich erwähnt. Aus solch einer Urkunde ist auch der frühe Anbau von Wein bei uns belegt. So schenkten beispielsweise 770 n. Chr. Erembertus und sein Bruder Salcho dem Kloster Lorsch einen Weinberg am Wizenberge, dem heutigen Wißberg bei Gau-Weinheim. Die Weinrebe wurde sicherlich von den Römern aus Italien mitgebracht und von Anfang an bei uns kultiviert. Andere Schenkungen wurden um die gleiche Zeit in Sulziheim (Sulzheim), Otenheim (Udenheim), Bendirisheim (Vendersheim) und Weristat (Wörrstadt) getätigt.
Die Franken waren bestrebt, im Zuge ihrer „Landnahme“ die römische Siedlungstradition fortzusetzen, indem sie die traditionellen Siedlungsplätze weiter ausbauten oder verlassene Ländereien neu bewirtschafteten. Denn die spätantike Bevölkerung dieser Gegend war nach dem Abzug der römischen Schutztruppen teilweise nach Süden gewandert, um den kriegerischen Wirren des 5. Jahrhunderts zu entgehen. Auf der anderen Seite vertrieben die neuen Herren nicht etwa den noch vorhandenen Rest der römischen Bevölkerung, sondern sie waren bestrebt, diese in ihren Herrschaftsbereich zu integrieren
Dies gelang auch ganz hervorragend. Durch eine straff organisierte Verwaltung, verbunden mit immer neuem Zustrom fränkischer Siedler, wuchs die Gesamtbevölkerung in unserem Raum rasch an. Es wurden nicht mehr nur die ehemals römischen Plätze ausgebaut, sondern auch neue, rein fränkische Siedlungen angelegt, die sogar in die von den Römern bis dahin oft gemiedenen Waldgebiete und Talgründe vorangetrieben wurden.
Festung Mainz unterliegt den Revolutionären: 1792 - 1793
Besonders unruhig und wechselhaft ging es im rheinhessischen Raum während der sogenannten „Franzosenzeit“ von 1792 bis 1814 zu. In dieser Zeit waren die Besitzverhältnisse der Landschaft zwischen Rhein, Lauter und Nahe so stark zersplittert wie sonst nirgends im Deutschen Reich. In Rheinhessen gab es Gemeinden, die unter bis zu sieben Herrschaften aufgeteilt waren. Die Bewohner litten unter der Ausbeutung ihrer Herrschaft und deren Bürokratie. Das feudale Herrschaftssystem begünstigte Misswirtschaft, Korruption und Gewalt gegen die Untertanen, deren Rechte gering geachtet wurden.
Unter dem Eindruck der französischen Revolution schlossen Österreich und Preußen am 7. Februar 1792 in Berlin einen Allianzvertrag ab. Die französische Nationalversammlung antwortete am 20. April 1792 mit einer Kriegserklärung an den König von Ungarn und Böhmen, der zugleich römisch-deutscher Kaiser war.
Am 30. September 1792 nahmen französische Revolutionstruppen, von der damals französischen Festung Landau kommend, die Reichsstadt Speyer nach kurzen Kämpfen ein. Nachdem sich die unbefestigte Reichsstadt Worms kampflos ergab, belagerten die Revolutionstruppen bereits am 19. Oktober die Festung Mainz. Am 21. Oktober 1792 kapitulierte diese kampflos - zahlenmäßig den Belagerern stark unterlegen.
Mit den Revolutionstruppen kamen auch verstärkt die Parolen und Gedanken der französischen Revolution in unsere Gegend. Sie fanden hier eine Reihe Anhänger. In Mainz wurde - nach französischem Vorbild - bereits am 23. Oktober ein Jakobinerclub gegründet, den auch Bürger aus unserer Gegend besuchten. Der Club tagte anfangs Abend für Abend, später dann viermal in der Woche. Er sah seine Hauptaufgabe in der Verbreitung aufklärerischer Prinzipien unter den Clubmitgliedern und Zuhörern, die diese Gedanken wiederum unter der Bevölkerung verbreiten sollten.
Die französischen Besatzungstruppen traten - zumindest anfangs - zuvorkommend und korrekt gegenüber der Bevölkerung auf. Unter der Losung „Friede den Hütten und Krieg den Palästen“ wurden zwar Schlösser und Landsitze der Adeligen geplündert sowie die Magazine der Klöster geleert, der Besitz der Bevölkerung blieb jedoch zunächst unangetastet. Erst als die Vorräte aufgebraucht waren, häuften sich die Klagen.
Die Kriegskommissare entwickelten sich zur Landplage. Sie verlangten von der Bevölkerung immer größere Beiträge zum Unterhalt der Besatzungstruppen, zum Teil wirtschafteten sie auch in die eigene Kasse. Diese Entwicklung und auch die inzwischen errungenen militärischen Erfolge der preußischen Truppen enttäuschte viele, die den Idealen der französischen Revolution anfangs aufgeschlossen gegenüberstanden.
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit: 1793
Besonders wurde dies beim Ablauf der Munizipalitätswahlen und der Deputiertenwahlen zum Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent deutlich. Voraussetzung für die Teilnahme an diesen am 24. Februar 1793 begonnenen Wahlen war ein Eid der wahlberechtigten Männer auf die „Treue zu den Grundsätzen der Freiheit und Gleichheit“ und ein Verzicht auf frühere Privilegien. Die Eidesleistung wurde oft verweigert, häufig aber auch - mit Unterstützung französischer Soldaten und Androhung der Arrestierung - erzwungen.
Bereits im März 1793 gelang es preußisch-österreichischen Allianz-Truppen, die französischen Revolutionstruppen wieder aus dem gesamten Hinterland zwischen Landau und Bingen zu vertreiben, so dass schließlich nur noch die Stadt Mainz mit der Festung in der Hand der französischen Truppen war. Ab 14. April begann jedoch auch hier die Blockade durch die Allianz-Truppen, die später zu einer richtigen Belagerung führte.
Auch Goethe erlebt die »Mainzer Republik«: 1793 - 1797
In seiner tagebuchartigen Beschreibung „Belagerung von Mainz“ schildert Johann Wolfgang von Goethe sehr anschaulich die damaligen Ereignisse. Schließlich kapitulierte die französische Besatzung am 23. Juli 1793 vor den preußischen Belagerern. Nach nur neun Monaten war damit auch bereits wieder das Ende der „Mainzer Republik“ gekommen.
Die Bevölkerung musste nunmehr die Allianz-Truppen unterhalten, die das Land besetzt hielten. Deren Forderungen waren noch weit härter als die der französischen Revolutionstruppen, so dass in dem ohnehin bereits ausgeplünderten Land große Not herrschte. Zwar zogen 1794 die Soldaten wieder aus unserer Gegend ab und französische Truppen besetzten erneut das Land. Diese empfanden sich jetzt aber ebenfalls nur noch als Besatzungstruppe und plünderten systematisch das Land und dessen Bevölkerung aus.
Seit dem Frieden von Campo Formio im Jahr 1797 war das heutige Rheinhessen der französischen Republik angegliedert. Völkerrechtlich wurde die Angliederung unserer Heimat an Frankreich aber erst am 6.September 1801 - nach dem Frieden von Lunéville - wirksam.
Unter Napoleon wurde das linksrheinische Gebiet im Januar 1798 neu organisiert und in vier Departements aufgeteilt. Unser Gebiet gehörte zum Departement du Mont Tonnerre, war also nach dem Donnersberg benannt und wurde von Mainz aus verwaltet. Es erstreckte sich zwischen Queich, Nahe und Rhein und entspricht in seinem Umfang etwa dem heutigen Regierungsbezirk Rheinhessen-Pfalz.
Jedes Departement wurde wiederum in kleinere Verwaltungseinheiten aufgeteilt, die Kantone hießen und in etwa den heutigen Verbandsgemeinden entsprachen. So gehörten zum Kanton Wörrstadt seinerzeit 24 Gemeinden mit rd. 15.000 Einwohnern. Darunter waren bereits alle Ortsgemeinden, die auch heute die Verbandsgemeinde Wörrstadt bilden.
Rheinhessen entsteht: 1797 - 1946
Während man 1972 bei Bildung der Verbandsgemeinden auf historisch gewachsene Zusammenhänge Rücksicht zu nehmen versuchte, ließ man 1797 solche Rücksicht völlig außer acht, waren doch die alten Besitzverhältnisse aufgehoben und die ehemaligen Feudalherren vertrieben. Nur bei der Wahl der Standorte für die Kantonsverwaltung - die nun „Munizipalverwaltung“ hieß - griff man auf die früheren Amts- und Vogteiorte zurück. Wohl vor allem deshalb, weil diese auch früher schon geographische Mittelpunkte waren und sich auch jetzt wieder als Verwaltungszentren anboten.
Mit der militärischen Niederlage Napoleons im Jahr 1814 endete auch die Angliederung der linksrheinischen Gebiete an Frankreich. Den heutigen Namen „Rheinhessen“ erhielt unsere Heimat im Jahr 1816 durch den Wiener Kongreß. Das Großherzogtum Hessen-Darmstadt sollte für den Verlust Westfalens, das an Preußen ging, „linksrheinisch“ entschädigt werden.
Die „Provinz Rheinhessen“ wurde aus dem Bezirk Alzey, ohne den Kanton Kirchheimbolanden und den vom Bezirk Speyer gelösten Kantonen Pfeddersheim und Worms, sowie aus Mainz mit Kastel und Kostheim gebildet. Regiert wurde diese Provinz damals von Großherzog Ludwig I. von Hessen und bei Rhein.
Die „Provinz Rheinhessen“ bestand - als Teil des Großherzogtums Hessen - rund 100 Jahre und wurde nach dem Ersten Weltkrieg im November 1918 aufgelöst. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Abdankung des Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen im Jahre 1918 gehörte Rheinhessen zum neu errichteten „Freistaat Hessen“, der sich dann „Volksstaat“ nannte.
Anfang Dezember 1918 wurde Rheinhessen als Folge des Ersten Weltkrieges von französischen Truppen besetzt, deren Besatzung bis 1930 andauern sollte. Der Zweite Weltkrieg endete für Rheinhessen mit der erneuten Besetzung durch französische Truppen am 4. Juli 1945, nachdem zunächst am 21. März 1945 amerikanische Truppen einmarschiert waren. Aus dem nördlichen Teil der französischen Besatzungszone wurde durch Verordnung der französischen Militärregierung vom 30. August 1946 das Land Rheinland-Pfalz gebildet. Rheinhessen gehört heute zum Regierungsbezirk Rheinhessen-Pfalz mit Sitz in Neustadt an der Weinstraße.
Bildung der Verbandsgemeinde Wörrstadt: 1972 - heute
Am 20. Juni 1972 wurde im Zuge der Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz auch die Verbandsgemeinde Wörrstadt durch den verwaltungsmäßigen Zusammenschluss der 13 Ortsgemeinden Armsheim, Ensheim, Gabsheim, Gau-Weinheim, Partenheim, Saulheim, Schornsheim, Spiesheim, Sulzheim, Udenheim, Vendersheim, Wallertheim und Wörrstadt gebildet. Sitzgemeinde der Verbandsgemeindeverwaltung wurde die Gemeinde Wörrstadt, der 2009 durch das Land Rheinland-Pfalz das Stadtrecht verliehen wurde.
Unsere Ortsgemeinden / Stadt | 1. urkundliche Erwähnung im Jahr | Einwohnerzahl am 31.12.2023 |
---|---|---|
Armsheim |
775 n. Chr. |
2.542 |
Ensheim |
769 n. Chr. |
516 |
Gabsheim |
770 n. Chr. |
739 |
Gau-Weinheim |
767 n. Chr. |
647 |
Partenheim |
757 n. Chr. |
1.657 |
Saulheim |
763 n. Chr. |
8.300 |
Schornsheim |
782 n. Chr. |
1.661 |
Spiesheim |
770 n. Chr. |
1.001 |
Sulzheim |
766 n. Chr. |
1.305 |
Udenheim |
773 n. Chr. |
1.356 |
Vendersheim |
841 n. Chr.* |
572 |
Wallertheim |
1250 n. Chr. |
1.816 |
Wörrstadt |
772 n. Chr. |
8.817 |
Wörrstadt Ortsteil Rommersheim |
824 n. Chr. |
in Einwohnerzahl Wörrstadt enthalten: 653 |
Gesamt VG Wörrstadt |
30.929 |
|
*nicht eindeutig belegt |
Die Verwaltungsreform hatte aus den 2.912 kreisangehörigen Gemeinden des Landes Rheinland-Pfalz 163 Verbandsgemeinden entstehen lassen. Dahinter stand die Absicht, aus den vielen Kleingemeinden überschaubare Mittelzentren zu formen und damit die Verwaltungs- und Leistungskraft der kommunalen Einrichtungen zu stärken. Der Landtag wollte, dass die Bürger der ländlichen Räume gleichwertige Lebensverhältnisse und Entwicklungschancen haben sollten wie sie bereits seit Jahrzehnten in den städtischen Zentren selbstverständlich waren.
Die Verbandsgemeinden sollten die Ortsgemeinden nicht ersetzen, sondern lediglich verwaltungsmäßig entlasten. Die räumliche Ausdehnung sollte so zugeschnitten sein, dass noch eine bürgernahe Verwaltung möglich ist. Auch sollten die wichtigsten und oft auch besonders teuren gemeindlichen Aufgaben und Belastungen von einer größeren Einwohnerzahl getragen werden. Die rechtliche Stellung der Ortsgemeinden und die Zuständigkeit der Gemeindevertreter für die Erledigung der gemeindlichen Aufgaben sollte dabei jedoch nicht eingeschränkt werden.
Aufgabenschwerpunkte der Verbandsgemeindeverwaltung sind:
- Verwaltung der Ortsgemeinden/Stadt und deren Einrichtungen
- Brandschutz und technische Hilfe für alle Ortsgemeinden/Stadt
- Meldewesen, Standesamt
- Wasserversorgung (erfolgt durch Wasserversorgung Rheinhessen GmbH)
- Abwasserbeseitigung (erfolgt durch Abwasserbeseitigung Wöllstein-Wörrstadt AöR)
- Unterhaltung von Gewässern III. Ordnung
- Schulträgerschaft für die sechs Grundschulen
- Durchführung kultureller Veranstaltungen, u.a. des Verbandsgemeinde-Weinfestes.
Die Verbandsgemeinde Wörrstadt ist mit zurzeit 30.929 Einwohnern (31.12.2023) auf mehr als 11.000 ha die größte Gebietskörperschaft des Landkreises Alzey-Worms. Wenn man bedenkt, dass bei ihrer Gründung erst 18.000 Einwohner hier lebten, ist die Steigerung ein sehr deutliches Zeichen und spricht für die Attraktivität dieses Siedlungsstandortes.
Die Verbandsgemeinde Wörrstadt ist eine Art „Entlastungsraum“ für das geschäftige Rhein-Main Ballungszentrum, mit dem sie durch die Autobahn A 63 verbunden ist. Die linksrheinische Autobahn A 61 ist das Bindeglied zur Pfalz und zum Rhein-Neckar-Raum.